Die Schmerzsignale sind am Ziel angelangt, doch im Gehirn ist die Endstation längst nicht erreicht. Im weiteren Verlauf wird eine regelrechte Welle an chemischen Botenstoffen und Substanzen an verschiedensten Körperstellen ausgeschüttet, die ihre jeweilige Wirkung im Zusammenspiel mit dem Nervensystem entfalten.
Die Chemie stimmt
Jeder, der sich schon einmal eine Schnittverletzung zugezogen hat, kennt die üblichen Nachwirkungen, die sich an und um die Wunde bemerkbar machen:
Sichtbare Rötung, Berührungsempfindlichkeit und Ausstrahlung eines pochenden, dumpfen Schmerzes, selbst nach Stunden. Verantwortlich dafür ist ein Botenstoff namens Prostaglandin 2, welches von den Schmerzrezeptoren freigesetzt wird.
Der Botenstoff wirkt zum einen weitend auf die Blutgefäße des umgebenden Gewebes, welches dadurch anschwillt. Zum anderen erhöht es die Empfindlichkeit der Nozizeptoren, was zur Folge hat, dass bereits kleinste, in der Regel schmerzlose Berührungen zur Aussendung von Schmerzsignalen in Richtung Gehirn führen. Doch genauso, wie der körpereigene Chemiecocktail die verletzte Person ständig an die Blessur erinnern kann, sorgt er auch für das Abschalten eines ausgelösten Schmerzes. Dies wird beispielsweise dann deutlich, wenn wir in zu heißes Badewasser steigen: die hohe Wassertemperatur wirkt schmerzhaft. Ignorieren wir diesen Schmerz, so lässt er nach kurzer Zeit nach. Für diesen Effekt sorgt das Hemmsystem des menschlichen Körpers, ein Relikt aus der Urgeschichte der Menschheit, welches die Flucht aus einer Gefahrensituation ermöglichen soll, anstatt sich durch den Schmerz lähmen zu lassen. Zugleich hemmt es die Überflutung des Gehirns mit einer Welle von Schmerzsignalen.
Systemblockade gegen den Schmerz
Das Hemmsystem funktioniert durch die Ausschüttung körpereigener, schmerzhemmender Substanzen, zum Beispiel Enkephaline und Endorphine. Diese sind in ihrer chemischen Struktur mit Morphium verwandt und werden - wenn auch in sehr geringen Mengen, während und nach intensiven Sporteinheiten freigesetzt. Die „Schmerzmittel“ docken gezielt an den Nervenschaltstellen im Rückenmark und Gehirn an, den Synapsen. Hier können die elektrischen Schmerzsignale nun die Grenze zwischen zwei Nervenzellen nicht überwinden und müssen daher in sogenannte Neurotransmitter, also chemische Botenstoffe umgewandelt werden. Die Anzahl der Botenstoffe, die in den dünnen Zwischenraum zwischen den Zellen ausgeschüttet wird ist umso höher, je intensiver der ankommende Schmerzinpuls ist. Nun docken die Neurotransmitter an den spezifischen Stellen auf der gegenüberliegenden Seite des Zwischenraums an, wodurch auch in der Nachbarzelle ein elektrisches Signal ausgelöst und über Nervenfasern weitergegeben wird. Exakt an dieser Stelle kommt das Hemmsystem ins Spiel.
Bei Erreichen des Gehirns löst der Schmerzreiz nicht nur Mechanismen aus, welche zur klaren Wahrnehmung des Schmerzes und der Reaktion darauf führen, sondern lässt das Gehirn entsprechende Signale an die schmerzleitenden Synapsen und Nerven über absteigende Nervenverbindungen aussenden. Anschließend erfolgt die sofortige Ausschüttung körpereigener Schmerzhemmer, aber auch Botenstoffe, wie Noradrenalin und Serotonin. Durch diese Substanzen wird der Synapsenspalt buchstäblich geflutet und die speziellen Bindungsstellen in der Nervenzellmembran besetzt, neben anderen auch insbesondere die sogenannten Mu-Opioid Rezeptoren. Bei ihrer Aktivierung stumpft die Zelle gegenüber den Schmerzen ab oder verliert gänzlich ihre Schmerzempfindlichkeit. Nicht bei allen Schmerzen und ebenso wenig bei allen Menschen wirkt dieser hilfreiche Mechanismus gleichermaßen.
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